Architektur für Wohnprojekte - Impulse für innovative Wohntypologien?
Artikel vom 12.11.2013
Wohngruppen und ihre Architekten überlegen angesichts gesellschaftlicher und demographischer Veränderungen, gängige Wohnungstypologien gemeinschaftlicher Projekte besser an neue Lebensmodelle und Bewohnerbedürfnisse anzupassen. Nicht nur flexible Raumprogramme, auch neue Grundrisstypen können hier eine interessante Lösung sein.
Welche Impulse setzen gemeinschaftliche Wohnprojekte für eine Weiterentwicklung der Wohntypologie?
Charakteristisch für jedes gruppenorientierte Projekt sind Ausstattungs- und Gestaltungsmerkmale, in denen die soziale Qualität dieses Wohnmodells zum Ausdruck kommt. Vor allem sind es Gemeinschaftsräume und -flächen, die als Katalysator für geplante und zufällige Begegnungen der Bewohner dienen,1 wodurch sich gemeinschaftliche Vorhaben vom konventionellen Wohnungsbau unterscheiden. Auch die architektonisch sichtbare Öffnung mancher Projekte in das umliegende Quartier ist eine Besonderheit des gemeinschaftlichen Wohnens.
Grundrisse und Ausstattung der einzelnen abgeschlossenen Wohnungen hingegen entsprechen in den meisten Projekten den herkömmlichen Bau- bzw. Umbauprogrammen. Doch einige Wohngruppen und ihre Architekten nehmen gesellschaftliche und demographische Veränderungen zum Anlass, um gemeinsam zu überlegen, wie gängige Wohnungstypologien gemeinschaftlicher Projekte besser an neue Lebensmodelle und Bewohnerbedürfnisse angepasst werden könnten.
Daraus resultieren zum einen die Vorhaben mit besonders flexiblen oder flächensparenden Raumprogrammen, sei es um Kosten zu reduzieren, sei es um die Zukunftsfähigkeit des Projekts sichern. Dort sind die einzelnen Einheiten erweiterbar oder teilbar und Räume variabel in ihrer Nutzbarkeit.
So wurde, um in Familienwohnungen einen eigenen persönlichen Raum für jeden Bewohner zu schaffen, in den acht Wohnungen des genossenschaftlichen Projekts „Frankfurter Familien“ im Stadtteil Preungesheim die konventionelle Hierarchie der Raumaufteilung mit groß dimensioniertem Wohnzimmer, separater Küche und einem gemeinsamen Schlafraum für Paare oder Eltern durchbrochen. Der vollständige Verzicht auf tragende Wände innerhalb der Wohneinheiten lässt gegebenenfalls eine „Umrüstung auf Normalwohnungen“ zu.2
Es gibt Wohngruppen, die diese Überlegungen weiterführen. Sie setzen bei der Gewichtung von Nähe und Distanz, also bei der räumlichen Organisation von privater Sphäre der eigenen Wohnung und gemeinsam genutzten Flächen an, um den sich verändernden Wohnbedürfnissen gerecht zu werden. „Anders“ wohnen möchte vielleicht, um Beispiele zu nennen, wer mit kleinem Budget auskommen muss, wer am Ort seines Arbeitsplatzes auf eine zweite Wohnung angewiesen ist, wer mit Kindern getrennt oder alleinerziehend lebt oder wer, spätestens im Alter und bei nachlassender Mobilität, damit rechnet, in der eigenen Wohnung isoliert zu sein.
Wenn die Überlegungen der Initiatoren zur Gestaltung des Zusammenlebens in eine Weiterentwicklung der Wohnungstypologie münden, entstehen Wohnprojekte mit neuartigen Grundrisstypen. Eine der Keimzellen dieser Entwicklung im deutschsprachigen Raum sind Bau- und Wohnungsgenossenschaften in der Schweiz.3
Cluster-Wohnungen
In der Konzeptionsphase für ein genossenschaftliches Mehrgenerationen-Projekt – Kraftwerk 2 in Zürich – suchte eine Gruppe Älterer nach neuen Wegen, um in der zweiten Lebenshälfte gemeinschaftlich und zugleich möglichst selbständig zu wohnen. Die Besonderheit: Die Gruppenmitglieder hatten bisher in Wohngemeinschaften gelebt. Sie wollten diese Wohnform grundsätzlich beibehalten, wünschten sich aber ein größeres Maß an Privatheit, als es in einer klassischen Wohngemeinschaft der Fall wäre.
Der aus diesen konzeptionellen Vorüberlegungen entwickelte Wohnungstyp – die sogenannte Cluster-Wohnung – kombiniert Elemente eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts mit denen einer Wohngemeinschaft. Innerhalb einer großen abgeschlossenen Wohnung gruppieren sich separate Wohneinheiten rund um einen gemeinsam genutzten Wohnraum, eine große Küche und ein Bad. Anders als in einer klassischen Wohngemeinschaft verfügt jede der Kleinwohnungen über ein eigenes kleines Bad und eine Kochgelegenheit. Im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Wohnprojekt sind private Wohneinheiten und Gemeinschaftsflächen stärker miteinander verzahnt. Diese Gestaltung lässt ein Maximum an gemeinschaftlichem Leben zu und ermöglicht zugleich den Rückzug in die eigene komplette Wohnung.
Im Kraftwerk 2 entstanden in zwei mehrgeschossigen, durch einen Neubau verbundenen Bestandsgebäuden neben herkömmlichen Wohneinheiten unterschiedlicher Größe auch zwei Wohnungen des neuen Typs. Die beiden Cluster-Wohnungen umfassen jeweils eine Gesamtfläche von 320 m². Der Gemeinschaftsraum, eine Küche und ein Wannenbad, insgesamt ca. 130 m², stehen allen Bewohnern zur gemeinsamen oder individuellen Nutzung offen. Über den zentralen Raum besteht Zugang zu sieben Kleinwohnungen, die für eine oder zwei Personen ausgelegt sind und über 30 bis 50 m² individuelle Wohnfläche verfügen. Ein knapp bemessener Vorraum mit Nasszelle und Kochnische ergänzt jede dieser Wohneinheiten.4
Den Beteiligten im Kraftwerk 2 lag daran, ein Gegengewicht zum wachsenden privaten Wohnflächenverbrauch herzustellen. Dafür akzeptierten die Initiatoren Abstriche an persönlicher Wohnfläche und Ausstattung im Vergleich zu einer konventionellen Wohnung, zumal die gemeinsamen Flächen diesen Verzicht ausgleichen.
Ein zweites genossenschaftliches Schweizer Projekt für das Wohnen Älterer setzt die Idee des Clusterwohnens nicht innerhalb einer gemeinsamen Wohnung, sondern in einem kompletten Haus um. Auf jeder der vier Etagen des Gemeinschaftswohnhauses „Kanzlei-Seen“ in Winterthur finden sich sowohl Gemeinschaftsflächen als auch zwei bis fünf komplette abgeschlossene kleine Wohnungen. Mit 45-60 m² Fläche und der Aufteilung in zwei separate Räume sind diese Wohneinheiten großzügiger als im Projekt Kraftwerk 2. Etwa ein Drittel der Fläche im gesamten Gebäude steht für eine gemeinsame wie auch individuelle Nutzung zur Verfügung.5
Großwohnungen
Auch in Deutschland wird die Idee des Cluster-Wohnens nach dem Vorbild des Projekts Kraftwerk 2 mittlerweile realisiert. Neue Wohnungstypologien ermöglichen, in einer separaten kompletten Wohnung und dabei mit anderen intensiv zusammen zu leben.
Die Bau- und Wohngenossenschaft Spreefeld eG in Berlin errichtet drei Gebäude für gemeinschaftliches Wohnen, für Arbeit und Kultur am Ufer der Spree.6 Ein Teil der 150 zukünftigen Bewohner wird in sogenannte Großwohnungen einziehen: Mehrere Wohneinheiten und gemeinsam genutzte Flächen bilden eine große abgeschlossene Wohnung. Die meisten der individuellen Wohnungen verfügen über zwei Zimmer und sind jeweils mit einem Duschbad und einer Küchenzeile ausgestattet. Sie sind für Einzelne, Paare oder Familien konzipiert.
Die Wohnkonzepte der Großwohnungen im Spreefeld sehen unterschiedliche Lösungen für den Grad der Abgeschlossenheit der individuellen Wohneinheiten vor – stärker angelehnt an eine herkömmliche Wohngemeinschaft oder mit mehr Betonung der Privatheit der einzelnen Appartements und schließlich mit einer „vermittelnden Position“.
Um Raum für die gemeinschaftliche Nutzung zu gewinnen, wurde in den Großwohnungen keine zusätzliche Fläche eingeplant, sondern die individuelle Wohnfläche entsprechend geringer dimensioniert. Im Fall der Spree-WG, einer der entstehenden „Klusterwohnungen“, konnte die ursprünglich vorgesehene Fläche des privaten Rückzugsraums zugunsten größerer Gemeinschaftsflächen nochmals reduziert werden. Das war möglich, weil im Verlauf des Planungsprozesses die Beteiligten intensiver zusammen fanden. Die Großwohnung bietet jetzt 800 m² Wohnfläche für 20 Bewohner auf zwei Etagen. Zusätzlich zur allgemeinen Erschließung durch Treppenhaus und Aufzug verbindet eine Innentreppe die beiden Gemeinschaftsflächen in der oberen und der unteren Etage, jeweils mit Zugang zu einer Terrasse für alle Bewohner.7
Der Kostenanteil für jeden Bewohner berechnet sich zu 43 Prozent anhand der Gemeinschaftsfläche und zu 57 Prozent auf Basis der individuellen Wohnfläche. Ein Genossenschaftsmitglied, zugleich Prozessbegleiterin des Projekts, verdeutlicht den Mehrwert: „Ich zahle beispielsweise Miete für 65 m², benutze davon mit meinen beiden Kindern 48 m² für unsere privaten Zimmer, aber insgesamt bewohnen wir 200 m² innerhalb der Wohngemeinschaft“, dazu kommen gemeinschaftliche Außenflächen und die Einrichtungen für alle Bewohner des Spreefelds. Ihr Fazit: Durch anteilige Finanzierung werden Wohnraumqualitäten geschaffen, die allein nie machbar wären.8
Ähnlich gestaltet ist die Klusterwohnung im Haus 2 des Projekts Spreefeld: Diese Großwohnung erstreckt sich über eineinhalb Etagen, die ebenfalls durch eine Innentreppe verbunden und außerdem durch das allgemeine Treppenhaus und einen Aufzug erschlossen sind. Ein Teil der unteren Etage ist für Gemeinschaftsflächen reserviert. Die abgeschlossenen Wohneinheiten bewegen sich flächenmäßig in einer Größenordnung zwischen ca. 40 und 85 m².9 In zwei weiteren Großwohnungen sind mehrere abgeschlossene Wohneinheiten mit Duschbad und Küchenzeile auf einer Etage angeordnet.10 Als neuer Grundrisstypus wird im Spreefeld zudem eine besondere Form des Wohnungszusammenschlusses realisiert: Die Bewohner mehrerer Wohneinheiten einen Gemeinschaftsraum teilen und finanzieren, gleichzeitig ist der Gemeinschaftsraum Bestandteil einer der Wohnungen. Die Bewohner dieser besonders großflächig dimensionierten „Kombi-Wohnung“ tragen einen entsprechend höheren Anteil der Nutzungskosten.11
In Berlin existiert „Am Maybachufer“ bereits ein zweites, dem Clusterwohnen vergleichbares Vorhaben – gemeinschaftliches Wohnen in Form einer Wohngemeinschaft mit abgeschlossenen kompletten Wohnungen. Sieben Wohneinheiten à 50 bis 94 m² für Singles und Paare, alle über 55 Jahre alt, sowie ein Gemeinschaftsbereich mit Küche auf einer Ebene in einem Dachgeschoss werden durch einen nachträglich eingebauten Aufzug im Lichthof des Gebäudes barrierefrei erschlossen. Zum gemeinsam genutzten Bereich mit einer Fläche von 115 m² gehören ein Gästezimmer und ein behindertengerechtes Bad.11 Die Bewohner am „Maybachufer“ sind Eigentümer ihrer Wohnungen. Zur Bewirtschaftung und Finanzierung der Gemeinschaftsbereiche gründeten sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Gruppenwohnungen
Ein bereits häufiger praktiziertes Wohnmodell, das Gestaltungselemente des Cluster-Wohnens und Dienstleistungen des betreuten Wohnens kombiniert, ist die Gruppenwohnung für ältere Menschen mit Betreuungs- oder Pflegebedarf. Die Grundrisse der Gruppenwohnungen entsprechen dem Typus der Cluster-Wohnungen: Kleine komplette Wohneinheiten zusammen mit den Flächen, die alle Bewohner gemeinsam nutzen, fügen sich zu einer abgeschlossenen Wohnung. Von anderen Formen des Wohnens mit Dienstleistungsangebot wiederum, beispielsweise dem betreuten Wohnen in Seniorenappartements, unterscheiden sich Gruppenwohnungen durch das gemeinschaftliche Wohnkonzept mit von allen genutzten Einrichtungen wie gemeinsamer Wohn- und Essraum, eine größere Küche und ein Wannen- bzw. Pflegebad.
Zwei Beispiele für Gruppenwohnungen: Aus je sechs abgeschlossenen Appartements mit Duschbad und Küchenzeile und einer Wohnfläche zwischen 24 und 50 m², ergänzt um 123 m² gemeinsam genutzten Flächen bestehen die beiden Gruppenwohnungen, die Teil des Wohnangebots in einem gemeinschaftlichen Projekt für Frauen, dem Beginenhof Essen, sind.12 Im sanierten 70er-Jahre Wohnhochhaus „Noah“ in Ludwigshafen bilden zwölf Kleinwohnungen mit unterschiedlichem Zuschnitt und Flächenangebot in Kombination mit Gemeinschaftsräumen und -küche eine „Stockwerksgemeinschaft“ auf zwei Etagen für ältere Bewohner mit Unterstützungsbedarf.13 Ein externer ambulanter Anbieter ist in beiden Projekten für Pflege und Betreuung zuständig.
Satellitenwohnungen
Ab 2014 soll ein genossenschaftliches Vorhaben in Zürich bezugsfertig sein, das dreizehn Häuser mit 450 insgesamt Wohnungen umfasst. Neben herkömmlichen Wohnungen in allen Größen und klassischen Wohngemeinschaften sind in zwei der Häuser Wohnungen eines neuen Typs vorgesehen: Satellitenwohnungen. Wie Cluster-Wohnen lässt dieser Wohnungstypus ein intensiveres Zusammenleben zu, ohne dass die Bewohner auf die Möglichkeit zum Rückzug in eine komplette abgeschlossene Wohnung verzichten müssen. In der Grundrissgestaltung zeigt sich der Unterschied. Satelliten vergleichbar verteilen sich Zwei- bzw. Einzimmerwohnungen mit Bad und Kochnische auf einer Etage. Die stark gegliederten Gemeinschaftsflächen bilden Wege und Plätze und umschließen die einzelnen Wohneinheiten oder Zweiergruppen von Kleinwohnungen. Zum Gemeinschaftsbereich gehören gemeinsam genutzte Koch- und Essbereiche, zusätzliche Bäder wie auch Nebenräume.14
Großhaushalt, Siedler oder Nomaden im Wohnungs-Cluster
Stärker ausdifferenziert in Bezug auf die Organisation des Zusammenlebens ist das Projekt der Genossenschaft Kalkbreite in Zürich. Neben anderen Wohnformen sind drei Wohnungs-Cluster vorgesehen, von denen jedes 9 bis 12 Kleinwohnungen mit einer Fläche von 27 bis 50 m² beherbergen soll. Die Besonderheit: Zukünftige Bewohner können „ihr“ Cluster aus drei Varianten auswählen, die sich durch mehr oder weniger Privatheit unterscheiden.15
- Der Großhaushalt für etwa 50 Bewohner besteht aus individuellen kompletten Wohnungen verschiedener Größe, darunter auch Cluster-Kleinwohnungen, und einem gemeinsamen Aufenthalts- und Essraum, der allen offensteht. Die Bewohner führen einen gemeinsamen Haushalt, wobei, anders als in einer Wohngemeinschaft oder einer Cluster-Wohnung, keine Küche zur gemeinsamen Nutzung vorhanden ist. Eine angestellte Köchin bereitet in einer professionellen Küche an den Wochentagen ein Abendessen für die Mitglieder des Großhaushalts sowie weitere Bewohner und Gäste zu, das im gemeinsamen Essraum eingenommen wird. Die Teilnahme ist jedem freigestellt.
- In der Cluster-Wohnung der „Siedler“ fungiert die Gemeinschaftsfläche als private Ergänzung der abgeschlossenen Wohnung und bleibt im Wesentlichen den Cluster-Nachbarn vorbehalten.
- Bei den „Nomaden“ ist der Anspruch an die Gemeinschaftlichkeit innerhalb der Cluster-Wohnung weniger hoch. Ihr Gemeinschaftsraum steht auch allen sonstigen Bewohnern des Genossenschaftsprojekts offen.
Wohnjoker
Während Gästezimmer oder Besucherappartements zum Raumprogramm zahlreicher Wohnprojekte gehören, wurde mit dem Wohnjoker ein neuer Wohnungstyp entwickelt. Separat gelegene und erschlossene Zimmer mit Nasszelle dienen dazu, das Raumprogramm einzelner Wohnungen bei Bedarf zu flexibilisieren. In der Genossenschaft Kalkbreite sind die einzelnen zumietbaren Zimmer mit 27 bis 29 m² recht großzügig dimensioniert. Die Infrastruktur der „Stammwohnung“ wird zusätzlich genutzt. Bewohner oder auch Externe, falls innerhalb der Genossenschaft kein Bedarf besteht, mieten die Wohnjoker befristet in einem zeitlichen Rahmen von sechs Monaten bis zu mehreren Jahren. Der Wohnungstyp eignet sich zum Beispiel für Jugendliche, die selbständiger wohnen wollen oder für betagtere Eltern, die in der Nähe ihrer Kinder leben möchten.16
Wohnen und Arbeiten
Die Kombination von Wohnen und Arbeiten – zwar auf getrennten Flächen, aber innerhalb eines Gebäudes oder auf einem Areal – wird seit langem in vielen gemeinschaftlichen Wohnprojekten umgesetzt. So dokumentiert das Wohnprojekte-Portal, ein Informationsangebot der Stiftung trias, aktuell fast zweihundert realisierte und weitere geplante Wohnprojekte, in denen gewohnt und gearbeitet werden kann.17 Die Spannweite reicht von Wohnprojekten mit zusätzlichem Raumangebot für Dienstleistung oder Gewerbe, teils auch mit Arbeitsplätzen für „Externe“, die außerhalb des Wohnprojekts leben, bis hin zu Lebens- und Arbeitsprojekten, in denen nicht nur gemeinschaftlich gewohnt, sondern auch gemeinschaftlich gearbeitet wird. Eine weitere Variante sind „Coworking Spaces“ mit einzeln vermietbaren Arbeitsplätzen auf einer gemeinsamen Bürofläche.18
Die Struktur der Arbeitswelt verändert sich, und Architekten mit Erfahrung im Planen von Wohnprojekten sehen die Tendenz einer zunehmend engeren Verbindung von Wohnen und Arbeiten. Zukünftig werden Arbeitsplätze häufiger direkt in den Wohnbereichen gemeinschaftlicher Vorhaben angesiedelt sein. Hier bietet sich ein Ansatzpunkt, um die Wohnungstypologie für eine Nutzungsmischung innerhalb einzelner Wohneinheiten weiterzuentwickeln. Beispielhafte Überlegungen zeigen Lösungen mit flexibler Raumaufteilung oder mit veränderbaren Wohnungszuschnitten. Wohneinheiten können um einen Arbeitsbereich erweitert oder separate, nahe der Wohnung liegende und ihr zugeordnete Arbeitszimmer dazu gemietet werden.19
Berührungspunkte zwischen den Funktionen Wohnen und Arbeiten ergeben sich auch da, wo eine Umnutzung gewerblicher Immobilien zu Wohnzwecken diskutiert wird – womit für gemeinschaftliche Gruppen, die gerade in Regionen mit hoher Wohnungsnachfrage oft erfolglos nach einem geeigneten Grundstück oder Bestandsobjekt suchen, neue interessante Perspektiven eröffnet sind.
Diesen Ansatz verfolgt aktuell das Projekt „Offenbacher Wohnbüro“ im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes „Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnimmobilien“: Anstelle eines kostenintensiven Umbaus wird im Rahmen einer Zwischennutzung zunächst erprobt, ob sich ein Bürohaus aus den 60er-Jahren nach jahrelangem Leerstand für neue, auch gemeinschaftliche Wohnformen mit einer Verzahnung von Wohnen, Arbeiten und Veranstalten eignet. Die Interims-Bewohner testen die Möglichkeiten, mit minimalen Umbauten Raum für Wohnen und Arbeiten in einem Bürohaus zu gestalten.20 Dass dieser Ansatz eine Perspektive für eine dauerhafte Nutzung zum gemeinschaftlichen Wohnen bietet, zeigt das Interesse von Wohninitiativen an einem Kauf oder einer Anmietung des Gebäudes im Anschluss an die experimentelle Phase.21
- Wobei mehr und mehr auch im Rahmen der herkömmlichen Wohnungsbautätigkeit Flächen und Räume für nachbarschaftliche Aktivitäten und eine kommunikationsfördernde Gestaltung der Erschließungs- und Quartiersflächen Planungsthema sind. Hier nur ein Beispiel: Maria Welzig, Neue Wohnformen für den Stadtrand, in: db Deutsche Bauzeitung 01.2012, S. 18-23
- Wohnprojekt “Frankfurter Familien“ in Frankfurt-Preungesheim http://plan.bb22.net/de/node/179#272
- Zu vergleichbaren Ansätzen in Österreich: Wiener Typologien, Studie im Rahmen der Wiener Wohnbauforschung 2008/09, Neue Typologien, S. 179-197, u.a. WG NEU, S. 171, Kleinstwohnungen, S. 180,181 Möglichkeit zum Download als PDF- Datei:
http://wohnbauforschung.at/de/Projekt_Wiener_Typologien.htm - Weitere Informationen zu den Cluster-Wohnungen im Kraftwerk 2:
- Genossenschaft KraftWerk1 www.kraftwerk1.ch/kw2/kw2_einleitung.html
- Stadt Zürich, Auszeichnung „Nachhaltig Sanieren 2012“, Sonderheft „Hochparterre, S. 16, 17 Möglichkeit zum Download als PDF-Datei: http://www.stadt-zuerich.ch/content/prd/de/index/stadtentwicklung/stadt-_und_quartierentwicklung/wohnen/nachhaltigsanieren.html
- Webseite des Architekturbüros mit Plänen und Presseberichten zum Download: www.adrianstreich.ch u.a. Grundrisse einer Cluster-Wohnung und einer klassischen Wohngemeinschaft www.adrianstreich.ch/uploads tx_astpublikationen2/120210_tec21_Kraftwerk2.pdf - Informationen und Grundrisse auf der Webseite des Architekturbüros www.haerlehubacher.ch/architektur/bauten/9_Kanzleistrasse/Kanzleistrasse.pdf
- Bau- und Wohngenossenschaft Spreefeld Berlin www.spreefeldberlin.de
- Möglichkeit zum Download der Grundrisse als PDF-Datei: www.spreefeldberlin.de (> Großwohnungen > WG1 obere/untere Etage H1). Zur Konzeption des Vorhabens auch die Beschreibung im Wohnportal Berlin:www.wohnportal-berlin.de/projekt/spreefeld-berlin
- Angelika Drescher, Prozessbegleiterin, Vorstand und zukünftige Bewohnerin der Spreefeld eG, Interview „Durch Wohnen Gemeinwerte schaffen“, in: Oya 20 – Mai/Juni 2013, S. 45. Möglichkeit zum Download als PDF-Datei: www.spreefeldberlin.de (> Großwohnungen im Spreefeld > Oya Wohnraumgespräch)
- Möglichkeit zum Download der Grundrisse als PDF-Datei: www.spreefeldberlin.de (> Großwohnungen > Spreekommune obere/untere Etage H2)
- Möglichkeit zum Download des Grundrisses als PDF-Datei: www.spreefeldberlin.de (> Großwohnungen > Gemeinschaftswohnung H3)
- Modellprojekt im Programm des BMFSFJ „Wohnen für (Mehr)Generationen“. Haus- und Wohngemeinschaften (nur) für Ältere. Möglichkeit zum Download der Broschüre mit Beschreibung und Grundriss des Projekts: www.baumodelle-bmfsfj.de/Modellreihen_MehrGenerationenWohnen.html (S. 16, 17)
- Zum Wohnprojekt www.beginenhof-essen.de/unser-beginenhof/betreutes-wohnen-im-beginenhof Grundrisse dieser und anderer Gruppenwohnungen: Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW, Gruppenwohnungen für Seniorinnen und Senioren, 2012. Möglichkeit zum Download: https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mbwsv/gruppenwohnungen-fuer-seniorinnen-und-senioren-mehr-als-eine-wohnung/1202
- Informationen und Grundrisse: Neue Wohnformen – Ziehen Sie ins Haus Noah, S. 13. Möglichkeit zum Download als PDF-Datei: www.luwoge.de/213.html (> Broschüre Haus Noah)
- Grundriss einer Satellitenwohnung für bis zu zwölf Personen: www.hunzikerareal.ch/fileadmin/download/GR_RG_Dialogweg_6.pdf
- Beschreibung der Wohnformen
http://anleitung.kalkbreite.net/wohnen/wohnformen - Beschreibung der Wohnjoker http://anleitung.kalkbreite.net/wohnen/wohnformen (> Wohnjoker)
- Zum Suchfenster des Wohnprojekte-Portals www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/detailsuche.html Wohnprojekte mit dem Merkmal „Wohnen und Arbeiten: www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/listenansicht.html (Stand Juni 2013). Porträts von Wohn- und Arbeitsprojekten und Informationen zum Thema auch in: Wohnen und Arbeiten – Raum für Kreativität, wohnbund-informationen II+III/2008, Möglichkeit zum Download: www.wohnbund.de/index.phpoption=com_content&view=article&id=14&Itemid=7
- Z.B. im gemeinschaftlichen Projekt Spreefeld Berlin
http://spreefeld.mint.de/fragebogen/gemeinschaftliche-nutzungen - Überlegungen zu prototypischen Wohnungstypologien Wohnen und Arbeiten und Beispiele: Sabine Pollak, Wiener Typologien. Studie zu neuen Wohnungstypologien für Wien, 2008/2009, S. 121, 122, 169, 172. http://wohnbauforschung.at/Downloads/Wiener_Typologien_LF.pdf
- Wohnbüro Offenbach – Innovative Wohnungen im Büroleerstand http://plan.bb22.net/de/panel/wohnbueropanel#600 Projekt im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes „Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnimmobilien“
www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2013/UmwandlungNWG/01__Start.html - FR-online 04.06.2013: www.fr-online.de/offenbach/offenbach--ploetzlich-begehrt,1472856,23109866.html