Wie reagieren Verwaltungen auf Turbulenz?
Artikel vom 07.03.2019
Die öffentliche Verwaltung ist auf Beständigkeit angelegt. Doch was geschieht, wenn unerwartete, unvorhersehbare Ereignisse eintreten? Offener Abendvortrag von Prof. Dr. Klaus H. Goetz, Ludwig-Maximilians-Universität München am 21. Februar 2019.
Beginn: 21.02.2019 | 18:00 Uhr
Ende: 21.02.2019 | 19:30 Uhr
Ort:
Schader-Forum | Goethestraße 2 | 64285 Darmstadt
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Wie reagieren Verwaltungen auf Turbulenz?
Die öffentliche Verwaltung ist auf Beständigkeit angelegt. Ihr Handeln soll berechenbar sein und ist durch Routine geprägt. Doch was geschieht, wenn unerwartete, unvorhersehbare Ereignisse eintreten? Wenn widersprüchliche Anforderungen an die Verwaltung gestellt werden? Wenn die Bedingungen der Aufgabenerfüllung instabil werden?
Solche Turbulenzen können extern sein, wie etwa die Finanzkrise, der Zustrom von Flüchtlingen oder Naturkatastrophen. Sie können aber auch intern, durch unerwartete Regierungswechsel oder politische Instabilität ausgelöst werden.
Wie reagieren Verwaltungen auf Turbulenz und die damit verbundenen Herausforderungen? Welche Strategien entwickeln sie, um mit ihnen zurecht zu kommen? Wie verändern sich Verwaltungen in einem turbulenten Kontext? Diesen zunehmend relevanten, aber bislang wenig erforschten Fragen widmete sich der Abendvortrag von Prof. Klaus H. Goetz am 21. Februar 2019. Der öffentliche Vortrag fand statt im Rahmen der Fachtagung "Verflochtene Bürokratien.Verwaltung in nationalen und internationalen Mehrebenenstrukturen".
Wir leben in einer Zeit der Turbulenz, so Prof. Goetz. Vor allem internationale Organisationen haben gelernt, mit politischen und policybezogenen Turbulenzen umzugehen. Ihre Strategien zum Umgang mit Turbulenz sind vor allem Antizipation vs. Resilienz, Verkopplung vs. Entkopplung sowie Integration vs. Differenzierung.
Aber eignen sich die Reaktionsstrategien internationaler Organisationen gegenüber Turbulenzen auch zur Adaption durch Verwaltungseinheiten auf nationaler oder regionaler Ebene? Herr Prof. Goetz bejahte dies in drei Aspekten: Verwaltungseinheiten können lernen, erstens ihre Ressourcenbasis zu verbreitern beziehungsweise von Ressourcen (Geldgeber) unabhängiger zu werden, zweitens politische Verbündete suchen und somit Allianzen zu bilden sowie drittens ein groß angelegtes Vernetzungswerk aufzubauen. Die grundlegendste Differenz zwischen nationaler und internationaler Ebene ist wohl aber die des Prinzipals. Während Verwaltungseinheiten auf internationaler Ebene mit mehreren Prinzipalen (z.B. Mitgliedsstaaten) umgehen müssen, was ihnen eine gewissen Grad an Unabhängigkeit verschaffen kann, haben nationale Verwaltungseinheiten einen einzigen Prinzipal. Die Reaktionsstrategie der Entkopplung von der Quelle der Turbulenz steht Verwaltungseinheiten umso weniger zur Verfügung, je tiefer die zu betrachtenden Ebene liegt.
Klaus H. Goetz ist ein international anerkannter Politik- und Verwaltungswissenschaftler. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme und Europäische Integration am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Nach seiner Promotion an der Universität Oxford lehrte und forschte unter anderem an der London School of Economics und an der Universität Potsdam. Verschiedene Gastprofessuren führten ihn an das Sciences Po Bordeaux, das European Forum der Hebrew University, das European University Institute in Florenz, die Universität Tokio und die Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2000 ist er Mitherausgeber der Zeitschrift West European Politics.
Klaus H. Goetz forscht zu Fragen des deutschen Föderalismus, zur Verwaltungstransformation in Mittelosteuropa, zur Zeitstrukturen in Politik und Verwaltung sowie zu komplexen Probleme in der Verwaltung.