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Sprache – 13. Denkwerkstatt „Herkunft-Ankunft-Zukunft“

Artikel vom 30.06.2020

Bei der 13. Denkwerkstatt „Herkunft-Ankunft-Zukunft“ am 15. September 2020 im Schader-Forum lag der Fokus auf der Bedeutung von Mehrsprachigkeit im Einwanderungsland sowie dem Zusammenspiel von Sprache und Raum.

Informationen zur Veranstaltung

Beginn: 15.09.2020 | 17:00 Uhr

Ende: 15.09.2020 | 20:00 Uhr

Ort: Schader-Forum | Goethestraße 2 | 64285 Darmstadt
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Mehrsprachigkeit als Ressource

Das Konzept von Einsprachigkeit als gesellschaftliche Norm ist auch in Deutschland überholt. Ganz gleich ob im ländlichen oder städtischen Raum – gelebte Pluralität hat längst Einzug in unser alltägliches Leben gehalten. Die damit einhergehende Mehrsprachigkeit wird auf vielerlei Art erlebbar und ist Spiegelbild gesellschaftlichen Wandels in einer zunehmend globalisierten Welt.

In diesem Prozess werden von allen Beteiligten in unterschiedlicher Weise Anpassungsleistungen abverlangt. Dabei zeichnen sich nicht nur die Zugewanderten durch große Heterogenität aus, auch die sie aufnehmende Mehrheitsgesellschaft ist in sich vielgestaltig. Menschen bringen nicht nur ihre Herkunftssprache(n) mit, sondern auch ihre Kultur(en), Gepflogenheiten und Gewohnheiten. Diese Sprachen- und Kulturenvielfalt birgt ein großartiges Potential, das zum Nachdenken über uns selbst veranlassen und pluralistischen Gesellschaften neue Impulse setzen kann. Die Wahrnehmung einer veränderten Lebenswirklichkeit und der Austausch dazu geschehen nicht zuletzt über Sprache in ihren verschiedenen Erscheinungsformen.

Lingusitic Landscaping als relativ junge linguistische Teildisziplin widmet sich der unterschiedliche Art und Weise, wie sich individuelle, gesellschaftliche und institutionelle Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum darstellt, denn Menschen nehmen (Sprachen-)Reize visuell, aber auch akustisch und olfaktorisch wahr. Interessant sind beispielsweise die Ergebnisse einer jüngeren Untersuchung aus der Metropolenregion Ruhr. Unter anderem ergaben sie, dass kommerzielle Zeichen wie Werbeschilder besonders häufig in besonders vielen Sprachen beschriftet sind (Ziegler et al. 2018: 134). Feldforschungen an der TU Darmstadt in zwei vergangenen Studiensemestern zeigen, dass Beschriftungen auf deren Campussen jedoch trotz der großen Internationalität der Studierenden zum überwiegenden Teil zweisprachig Deutsch/Englisch sind. Linguistic Landscapes können also Auskunft darüber geben, wie Sprachen nicht nur im Raum existieren, sondern diesen auch konstituieren.

Fremd sein oder fremd werden kann eine Konsequenz der Auseinandersetzung mit den oder dem Anderen sein bzw. deren Zuordnungen und in Folge zu einer Identifizierung oder zu einer Abgrenzung mit diesem/diesen führen. Erfahrungen des Andersseins finden auch über Formen der Einbindung und als Folge möglicher Zugehörigkeit statt, wobei zu fragen ist, wie letztere her- und festzustellen oder zu messen ist. Darüber hinaus kann der gesellschaftliche Stellenwert der Herkunftssprachen durchaus darüber entscheiden, ob das individuelle sprachliche Repertoire als Schatz oder als Bürde empfunden wird. (Zum Vergleich: Im Englischen werden Herkunftssprachen mit dem Wort Heritage, also mit Erbe oder Vermächtnis wiedergegeben.)

Sprachwissenschaftler*innen benennen dies mit dem Begriff Sprachenprestige: Je nachdem, welches gesellschaftliche Ansehen eine Sprache genießt, überträgt sich dieses quasi auch auf seine Sprecher*nnen – und deren Motivation, diese Sprache zu lernen bzw. zu pflegen. Obwohl sich individuelle Mehrsprachigkeit offenbar positiv auf die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten ihrer Sprecher*innen auswirkt, hält sich hartnäckig das Vorurteil, das (gleichzeitige) Lernen mehrerer Sprachen führe zu einer Art Sprachenverwirrung. Mehrsprachigkeit, die Herkunftssprachen explizit einschließt, als wertvolle Ressource zu begreifen und zu nutzen sollte deshalb erklärtes Ziel der Schulen und anderer Bildungsinstitutionen sein.

Dem Dreiklang aus Sprache – Prestige – Bildung in unserer mehrkulturellen Gesellschaft sowie den Veränderungen von Sprache im Raum widmete sich deshalb die Denkwerkstatt "Herkunft-Ankunft-Zukunft" zum Thema Sprache.

Ihr Ansprechpartner ist Dennis Weis.

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