Bedeutung von öffentlichen Bibliotheken in Darmstadt
Artikel vom 01.08.2022
Einblicke in die Erhebung. Ein Blogbeitrag von Angelina Göb.
„Schönwettergeographie“ in der Stadtbibliothek
Sommer, Sonne, Stadtbibliothek: Just an den heißesten Tagen des Julis fand meine Erhebung in der öffentlichen Bibliothek im Justus-Liebig-Haus statt. Für die einen ist sie ein „Paradies“, für die anderen ein „zweites Zuhause“ in dem man „immer etwas findet“: neben vielfältigen Medien sind das vor allem „Inspiration“, „Ruhe“ und eine „angenehme, friedliche Atmosphäre“. Die hier zitierten Eindrücke spiegeln ausschnitthaft Bedeutungszuschreibungen der Untersuchungsteilnehmenden wider. Es zeigt sich, dass Bibliotheken mehr als Buchbehälter sind, nämlich „eine enorm wichtige Leistung“ und elementare soziale Infrastruktur für die Stadt und Stadtgesellschaft. Dabei sind die Wahrnehmung und Nutzung dieser niedrigschwelligen Kultur- und Bildungseinrichtung nicht zu vernachlässigende Faktoren einer nachhaltigen sowie integrierenden Stadtentwicklung, die mich bei der Forschung besonders interessieren.
Lebenswelt Bibliothek
Bibliotheken sind Orte für sich und schaffen Räume für alle – kostenlos und frei zugänglich. Sie dienen als Rahmung von Gelegenheiten, die von Anwesenden im (un)fokussierten Aufeinanderbezogensein ausgestaltet werden. Bibliotheken können somit als Möglichkeitsräume gelesen werden, weil sie ganz unterschiedliche Aneignungspraktiken und Deutungszuschreibungen erlauben. Darüber wollte ich in meiner qualitativ-ethnographischen Untersuchung mehr erfahren. Dazu habe ich eine teilnehmende Beobachtung, eine nicht-repräsentative Kurzumfrage und ein „meaning mapping“ mit Besucher:innen durchgeführt, um einen möglichst breiten Einblick in die Bibliotheksroutine und das Bild von Bibliotheken zu erhalten. Was wird positiv, was wird negativ empfunden, wo werden Verbesserungs- und Veränderungspotenziale artikuliert und was wünschen sich die Nutzenden für die Zukunft der Stadtbibliothek? Das sind einige Fragen, mit denen ich „ins Feld“ gegangen bin. Dabei wurde deutlich, dass Bibliotheken – als öffentliche Einrichtung und in Bezug auf ihr Leistungsangebot – ein „Muss“ für die Gesellschaft sind und für viele Menschen eine „lebenslange Begleiterin“ sogar „Heimat“ darstellen, Sicherheit vermitteln, Orientierung geben, Ausgangspunkt für die Vertrauensbildung sein können.
Zwischen Pst und Provokation: die Potenziale
Was Nutzer:innen an Bibliotheken schätzen? Die Ruhe! Hier findet man Entspannung und Entschleunigung, hier kann man – mal kurz, mal lang – aus dem Alltag aussteigen, in andere Welten eintauchen und sich verzaubern lassen aber auch konzentriert arbeiten und lernen. Together alone bzw. schweigend kommunizieren ist eine Zusammenhaltsform, die in der Stadtbibliothek in Erscheinung tritt. Alles perfekt? Für die einen ja, für die anderen gibt es noch Entwicklungspotenzial: in Bezug auf die funktionale Kombination und Kooperation mit anderen Institutionen aber auch mit Blick auf die Bedeutungstransformation von Bibliotheksnorm(alität)en, die mehr Begegnungen erlauben. „Dinge finden, die man gar nicht gesucht hat“, auch das bietet die Bibliothek als „Überraschungsei“ mit Spannung, Spiel und Spaß als Wirkfaktoren, die im Stadtbild noch sichtbarer gelebt werden können.
von Angelina Göb, Fellow der Schader-Residence.
Weitere Blogbeiträge von Angelina Göb über ihr Fellowship in der Schader-Residence:
FellowMe! Und warum Bibliotheken mehr als Buchbehälter sind
Erkenntnisse to go - Resumee aus der Residence
Verbindung und Verbindlichkeit - Warum leben Menschen in Wohnprojekten?