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Zukunftsfähiges Darmstadt

Artikel vom 22.09.2014

Foto: Ulrich Mathias

Als erste Stadt erhielt Darmstadt im Jahr 1997 den Titel „Wissenschaftsstadt“. Dabei spielen die drei Hochschulen sowie die diversen wissenschaftlichen Einrichtungen und forschenden Unternehmen eine maßgebende Rolle. Wie können die Potenziale und Chancen der Wissenschaftsstadt Darmstadt zukünftig verstärkt genutzt werden? Wie machen wir unsere Stadt zukunftsfähig? Von Hans Jürgen Prömel

Das Potential der Wissenschaftsstadt

Ein gemeinsames wichtiges Anliegen führt die Stadt Darmstadt, die Schader-Stiftung und die Technische Universität mit den Hausspitzen der wissenschaftlichen Institutionen  zusammen. Wir wollen die Marke Wissenschaftsstadt, diesen ehrenvollen Titel, den Darmstadt seit 1997 trägt, viel markanter herausarbeiten. Wir möchten und wir müssen das aus vielerlei Gründen für unterschiedliche Zielgruppen tun:

  • Für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und in der Metropolregion Rhein-Main.
  • Für die jungen Menschen, die künftig hier studieren, forschen, produzieren und hier ein kreatives und attraktives Umfeld finden, um ihre Ideen in die Realität umzusetzen.
  • Für unsere Kooperations-Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.
  • Aber auch auf internationaler Ebene gilt es das Image der Stadt zu schärfen – bei Studierenden, Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern sowie Expertinnen und Experten, die zu Tagungen hierher kommen – bei Besuchern aus aller Welt.

Wir können und wir müssen uns viel mehr zutrauen, als den Titel Wissenschaftsstadt auf Straßenschildern und im Briefkopf zu führen. Weil wir die Potenziale und zukünftigen Chancen vor Ort nicht verschwenden, sondern nutzen und sichern wollen. Und ich bin mir sicher, dass man das auch von uns allen erwartet.

Mit wem ich auch immer spreche – mit Studierenden, die neu in der Stadt sind, mit neu Berufenen, aber auch mit den an der TU seit langem erfahrenen Professoren, immer wieder höre ich ziemlich rasch eine angenehme Charakterisierung von Darmstadt.

Darmstadt ist eine Stadt mit optimalen Größen: eine kleine Großstadt mit sehr guten Arbeitsbedingungen, einer dynamischen, aufgeschlossen-neugierigen und international geprägten Bürgergesellschaft, Überschaubarkeit und kurzen Wegen. Gemessen an der Größe der Stadt gibt es ein überaus reichhaltiges Freizeitangebot, attraktive Quartiere, schöne Plätze. Und natürlich ist Darmstadt mitten in der Metropolregion Rhein-Main-Neckar mit all ihren Annehmlichkeiten optimal gelegen. Die Technische Universität passt hier sehr gut hinein: eine mittelgroße Universität mit 300 Professuren und 25.000 Studierenden, und damit mit einem adäquaten Volumen, um im nationalen und internationalen Konzert vorne mitzuspielen, in einigen Feldern wie IT-Sicherheit sogar den Ton anzugeben.

Darmstadt ist eine Stadt „mit Köpfchen“, mit hohem Bildungsstand: 40.000 Studierende in der 150.000 Einwohner zählenden Stadt – wir sind eine Studentenstadt par excellence! In Darmstadt sind etwa 17.000 Menschen in Positionen beschäftigt, die Wissenschaft und Forschung zurechenbar sind. Das ist, bezogen auf die Größe der Stadt, enorm.

Darmstadt ist eine Stadt mit Dynamik, Erfindungsreichtum und Innovationsfreude: Wir können einfach einige Namen aufführen: Lichtenberg und Liebig, Büchner, Behnisch, Sessler oder die erste Diplom-Ingenieurin Deutschlands, Jovanka Bontschits. Ich nenne die Elemente Darmstadtium und Hassium, die weltweit Aufsehen erregenden Plus-Energiehäuser auf der Lichtwiese, die vielen Startups und Ausgründungen Jahr für Jahr aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Darmstadt ist eine Stadt mit Spitzenkompetenz in Zukunftsthemen. Es sind dies die Informations- und Kommunikationstechnologien, Energie- und Umwelttechnologien, Mobilität und Logistik, Satellitennavigation, Chemie und Pharma. Unter dem Strich einige Dutzend national wie international sehr sichtbare Einrichtungen – Fraunhofer-Institute, das Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung, ESOC, Eumetsat und viele andere. Nicht zu vergessen Merck, Telekom, Software AG, Evonik-Röhm…

Darmstadt ist eine Stadt, die hervorragend Wissenschaft und Kultur verschränkt. Ich nenne die mit Forschung befassten Nachbarn der TU Darmstadt am Karolinenplatz – Hessisches Landesmuseum, Hessisches Staatsarchiv und Schlossmuseum, bald auch das Deutsche Poleninstitut. Man sieht: Wissenschaft und Kultur haben in Darmstadt weit mehr gemein als den Titel des zuständigen Staatsministers!

Wissenschaft prägt die Stadt

Und dieses Darmstadt, die Wissenschaftsstadt Darmstadt, wird maßgeblich von den Wissenschaftseinrichtungen geprägt. Ich möchte das am Beispiel der Technischen Universität vor Augen führen:

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW hat 2012 beeindruckend die vielfältigen Impulse herausgearbeitet, die von der Universität ausgehen. Die TU Darmstadt ist einer der größten Arbeitgeber vor Ort und ein PS-starker Wirtschaftsmotor. Seit dem Jahr 2000 sind mehr als 50 Unternehmen aus der Universität heraus gegründet worden. Aus einigen wurden international agierende und in ihren Branchen führende Unternehmen – wie beispielsweise die Firma Isra Vision.

Auch unsere Absolventinnen und Absolventen tragen zum wirtschaftlichen Wohlstand und Wachstum der Region bei. Im Jahr 2012 haben über 3.300 Absolventinnen und Absolventen die TU Darmstadt mit einem Bachelor- oder Master-Abschluss in der Tasche verlassen. Und nach zehn Jahren sind noch über die Hälfte in der Metropolregion Rhein-Main tätig, oft in Schlüsselpositionen. Auch dies geht aus der genannten DIW-Studie hervor.

Aber natürlich wirkt die TU nicht nur wirtschaftlich in die Stadt. Das wäre zu kurz gegriffen. Mit über 140 Gebäuden der Universität und vielen Gebäuden für studentisches Wohnen prägt die Universität ohne Zweifel auch das Stadtbild, verleiht ihr Identität und Flair. Und mit dem Botanischen Garten, dem Hochschulbad oder dem Schlossgraben, den wir gerade für die Bürgerinnen und Bürger zugänglich machen, eröffnen wir attraktive Orte für die Stadtbevölkerung.

Dies alles waren Beispiele wie die Wissenschaft unsere Stadt prägt. Als Präsident der Technischen Universität beziehe ich mich selbstverständlich auf meine Institution. Doch eine prägende Wirkung geht natürlich auch von den anderen in Darmstadt angesiedelten Wissenschaftsinstitutionen aus.

Gemeinsames Engagement für die Wissenschaftsstadt Darmstadt

Wir möchten gemeinsam eine Vision schärfen, eine Strategie entwerfen, wir möchten, dass die Wissenschaftsstadt Darmstadt erlebbar, sichtbar wird und sich so auch auf verschiedenen Ebenen dauerhaft Gehör für ihre Interessen verschafft. Die TU Darmstadt ist gerne bereit, bei diesen konzertierten Anstrengungen, bei diesem Schulterschluss ihre Rolle anzunehmen.

Ich denke aber auch, dass die Stadtpolitik sich mehr einbringen, sich mutiger bekennen und aktiver werden muss – so wie es gerade in letzter Zeit bereits geschehen ist. Wir müssen auch in Zukunft darauf achten, dass Darmstadt nicht an Dynamik und Attraktivität verliert, weil z.B. Wohnungsmieten hier zu teuer sind und zum Standortnachteil werden.

Zukunftschancen und Zukunftsziele für Darmstadt

Ich möchte drei Ziele benennen, die wir gemeinsam anstreben sollten.

Erstens: Wir müssen erreichen, dass Wissenschaft in Darmstadt noch stärker identitätsstiftend wirkt. Noch gibt es eine emotionale und rationale Kluft zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Wissenschaft. Darmstadts Bürgerschaft soll künftig stolz sein auf das hier vorhandene enge Wissenschafts-Netz.

Zweitens: Wir müssen uns – auf vielen Ebenen – noch mehr anstrengen, um attraktiv zu sein für die besten Köpfe, seien es Studierende, seien es Fachkräfte aus aller Welt. International orientierte Städte, die solche Potentiale anziehen und binden, werden sich im künftigen Wettbewerb besser behaupten und klar punkten.

Bekanntermaßen hat Darmstadt im Prognos-Zukunftsatlas 2013, der die Zukunftschancen von Städten und Regionen bewertet, sehr gut abgeschnitten. Und dies nicht zuletzt deshalb, weil die Stadt durch die Technische Universität und die anderen wissenschaftlichen Einrichtungen ein Anziehungspunkt ist für qualifizierte Arbeitskräfte.

Drittens: Wir müssen die Position des High Tech-Standorts pflegen, aus der Perspektive der Wissenschaft, aber auch aus der Perspektive der klugen Standortpflege und der Nutzung der wissenschaftlichen Expertise bei der Ansiedlung neuer Unternehmen.

Ich nenne beispielhaft vier für die Positionierung Darmstadts hoch relevante thematische Felder:

Erstens IT – hier schlägt nicht nur das Herz der IT-Region, sondern hier zeichnen sich prinzipielle Antworten auf entscheidende Zukunftsfragen ab. Die TU Darmstadt bringt dafür Erhebliches ein: CASED, House of IT, Future Internet, Intel Lab, HRZ-Hochleistungsrechner, zwei Fraunhofer-Institute. Die Stadt Darmstadt rangiert laut einer soeben veröffentlichten Studie der Europäischen Union auf Rang 7 der kompetentesten IT-Zentren in ganz Europa.

Auch eine Studie der Fraunhofer-Gesellschaft, die die Software Cluster Europas vergleicht, zeigte 2013 erneut eindrucksvoll die führende Stellung unseres Clusters in Europa.

Zweitens Energie – Darmstadt war dafür schon immer ein Experimentierfeld und gut für Pionierleistungen – ich erinnere an das erste Passivhaus Deutschlands. Die TU betont ihr Profil einer Energie-Ingenieur-Uni und liefert Beiträge zur Energiewende.

Drittens Chemie und Pharma – Darmstadt ist auch ein wichtiger Produktions- und Forschungsstandort für die Chemie-Branche und Pharma-Industrie.

Viertens Kernphysik – Bei der GSI werden mit FAIR die Weichen gestellt für Grundlagenforschung der nächsten Generationen und das in einem einmaligen internationalen Maßstab.

Wir sollten die Chancen beim Schopf packen:

Ich fände es charmant, wenn eine Art Darmstädter Wissenschaftsnetzwerk heranreifte, das Positionen bezieht und durchaus Einfluss im Land Hessen erreicht, das sich in Fragen der Wissenschafts-, Forschungs- oder Kulturpolitik Gehör verschafft und je nach Thema flexible Allianzen zum Wohle der Stadt bildet.

Auch die kleinen, die symbolischen Schritte sollten wir nicht verachten. Ich unterstütze sehr die Gedanken und Bemühungen des Oberbürgermeisters Jochen Partsch und des Leiters für Wirtschaftsförderung Michael Kolmer, dass am Hauptbahnhof die Fahrgäste klar und deutlich in der Wissenschaftsstadt Darmstadt willkommen geheißen werden müssen.

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt darf nicht länger eine Addition von klangvollen Institutionen sein. Wir dürfen nicht in Absichtsbekundungen stecken bleiben. Ich bin mir sehr bewusst, dass die Entwicklung zu einem stabilen Netzwerk Geld, Absprachen und Aufwand erfordert. Und dass eine koordinierende Hand und eine Gesamtleitung benötigt werden.

Die TU Darmstadt engagiert sich gerne in und für die Wissenschaftsstadt Darmstadt. Die nächsten Schritte müssen wir gemeinsam gehen, so wie wir es derzeit bei der gemeinsamen Konzeption der Veranstaltungsreihe „DA stimmt die Chemie“ machen, wo wir mit der Stadt und der Firma Merck zusammenarbeiten. Ein weiteres Großereignis sollten wir dann 2016 angehen.

Der Autor: Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Jürgen Prömel ist seit 2007 Präsident der Technischen Universität Darmstadt.

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