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Internationale Sanktionen und Menschenrechte: Eine Analyse des Zusammenhangs

Artikel vom 17.12.2013

Das Verhältnis von Menschenrechten und Sanktionen ist komplexer, als dies zunächst den Anschein hat, denn Sanktionen können Menschenrechte auf vielfältige Weise verletzten. Eine Gruppe von Menschenrechtsexperten erarbeitete 2011 die Maastrichter Prinzipien, die fordern von internationalen Sanktionen abzusehen, falls hierdurch Menschenrechte verletzt werden. Dieser Beitrag möchte daher das komplexe Verhältnis zwischen Menschenrechten und internationalen Sanktionen analysieren. Von Sina Schüssler

Sanktionen als Instrument internationaler Politik

Sanktionen stellen im internationalen Kontext ein wichtiges Instrument dar, um auf die Verletzung von Frieden und Menschenrechten zu reagieren. Internationale Sanktionen umfassen dabei ein umfangreiches Bündel an Maßnahmen, die abhängig von der Situation im Zielland eingesetzt werden. Zu Sanktionen zählen beispielsweise Waffenembargos, die Sperrung von Auslandskonten von bestimmten Akteuren, Visarestriktionen, Investitionsverbote, aber auch Beschränkungen der Handelsbeziehungen. Mit der Verhängung von Sanktionen sollen in der Regel Regierungen beziehungsweise die verantwortlichen Personen zu einer Politikänderung, die im Einklang mit internationalen Normen steht, motiviert werden. Jedoch ist es häufig nicht nur die politikverantwortliche Elite, welche die Folgen der Sanktionen zu tragen hat, sondern auch die Zivilbevölkerung. Besonders wegen dieser negativen Auswirkung stehen Sanktionen in der Kritik. 

Die Maastrichter Menschenrechtsprinzipien und internationale Sanktionen

Als Maastrichter Prinzipien über die extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verabschiedete im September 2011 eine von der Universität Maastricht und der Internationalen Juristenkommission einberufene Versammlung die von etwa 40 Experten des Völker- und Menschenrechtsrechts erarbeiteten Grundsätze. Die Maastrichter Prinzipien sind das Resultat einer jahrelangen Debatte um die Frage, welche Verpflichtungen Staaten bei der Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zukommen. In Bezug auf internationale Sanktionen formulieren die Maastrichter Prinzipien die Verpflichtung, dass Staaten „von Maßnahmen wie Embargos oder anderen wirtschaftlichen Sanktionen absehen (müssen), welche im Ergebnis den Genuss von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten unmöglich machen oder beeinträchtigen würden. Wenn Sanktionen ergriffen werden, um anderen internationalen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, müssen die Staaten sicherstellen, dass die menschenrechtlichen Verpflichtungen bei der Planung, Umsetzung und Beendigung jegliches Sanktionsregimes vollständig beachtet werden” (Maastrichter Prinzipien, Nr. 22). Die Maastrichter Prinzipien legen somit Menschenrechte als das zentrale Kriterium bei der Entscheidung über die jeweiligen Maßnahmen an. 

Welche Menschenrechte Sanktionen verletzen (können)

Die in den Maastrichter Prinzipien formulierte Verpflichtung reagiert besonders auf Erfahrungen mit umfassenden Sanktionsregimen wie beispielsweise gegen den Irak zwischen 1990 und 2003, unter denen die Zivilbevölkerung im hohen Maße litt. Besonders Kinder waren von den humanitären Folgen der Sanktionen gegen den Irak betroffen. Somit können Sanktionen menschliche Grundrechte wie das im deutschen Grundgesetz festgehaltene Recht auf Leben oder das Recht auf angemessene Ernährung, wie dieses im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) verankert ist, gefährden. Geht mit den Sanktionen eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung einher, widerspricht dies dem Recht auf höchstmögliche körperliche und geistige Gesundheit, die ebenfalls im UN-Sozialpakt festgeschrieben ist. Die sogenannten intelligenten oder zielgerichteten Sanktionen, die mit dem Ziel verhängt werden, ausschließlich die für die Politik verantwortliche Elite im Zielland oder ihre Unterstützer unter Druck zu setzen, ohne dass damit negative Konsequenzen für die Zivilbevölkerung einhergehen, können individuelle Menschenrechte verletzen. Jedoch werden Sanktionen gerade mit dem Ziel eingesetzt, Menschenrechte, Frieden und Sicherheit zu schützen oder zu gewährleisten. Sanktionen und Menschenrechte stehen somit in einem ambivalenten Verhältnis zueinander: internationale Sanktionen sind zum einen als Reaktion der internationalen Gemeinschaft die Folge von Menschenrechtsverletzungen: Sanktionen werden gegen Staaten bzw. Akteure verhängt, die Menschenrechte verletzen oder den Frieden bedrohen. Zum anderen stellen internationale Sanktionen eine mögliche Ursache von (neuen) Menschenrechtsverletzungen dar, unter anderem weil sie die Lebenssituation der Zivilbevölkerung verschlechtern. 

Menschenrechte und Sanktionen: ein ambivalentes Verhältnis

Internationale Sanktionen sind spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges ein bedeutendes, wenn auch umstrittenes Mittel der internationalen Gemeinschaft, um eine Situation im Zielland zu beeinflussen und dadurch Frieden, Sicherheit und Menschenrechte zu stärken (beispielsweise Elliott 2005). Sanktionen sind dabei in der internationalen Politik ein staatliches beziehungsweise intergouvernementales Instrument, über dessen Einsatz Staatenbündnisse und Regierungen entscheiden. Seit Beginn der 1990er Jahre hat die Anwendung von Sanktionen durch internationale Regierungsorganisationen deutlich zugenommen. So verhängte die UN (Vereinte Nationen) zwischen 1945 und 1990 nur zwei Mal Sanktionen, allein von 1990 bis 2000 jedoch zwölf Mal. Dies ist nicht nur auf die veränderte Konfliktlage zurückzuführen, sondern auch auf die gestiegene Handlungsfähigkeit internationaler Organisationen, besonders der UN, nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes sowie auf eine gestiegene Verantwortungsübernahme regionaler Organisationen wie der EU (Europäische Union), die sich seit Mitte der 1990er als eigenständiger Akteur der Sanktionspolitik etabliert hat. So verhängte die EU zwischen Mitte der 1990er Jahre bis heute in mehr als 20 Fällen Sanktionen. Aufgrund des meist geltenden Einstimmigkeitsprinzips wie im Rat der EU und im UN-Sicherheitsrat ist die Entscheidung über Sanktionen oft schwerfällig. Sanktionen haben in der Praxis nur selten präventiven Charakter. Häufig werden Sanktionen erst verhängt, wenn ein Konflikt bereits gewaltsam eskaliert ist oder Menschenrechte im großen Umfang verletzt werden. Sanktionen sind dann das letzte Mittel vor Militärschlägen, die beispielsweise gegen den Irak, Jugoslawien oder Libyen folgten. 

Wirksamkeit und Wirkungslosigkeit von Sanktionen

Innerhalb der UN ist es ausschließlich der Sicherheitsrat, der bindende Sanktionen auf Grundlage der Artikel 39 und 41 des Kapitel VII der Charta verhängen kann. Der Sicherheitsrat stellt eine Bedrohung, Bruch des Friedens oder Angriffshandlung fest und kann Maßnahmen zur Wahrung oder Wiederherstellung von Weltfrieden und internationaler Sicherheit beschließen, die unter anderem die vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen umfassen können. In der internationalen Außen- und Sicherheitspolitik sind Sanktionen in erster Linie ein Verhandlungsinstrument, um die gewaltsame Austragung von Konflikten und die Verletzung von Menschenrechten zu beenden. In der Regel werden Sanktionen dabei gegen andere Optionen und Instrumente wie diplomatische Vermittlung oder militärische Intervention abgewogen. Auch sind Sanktionen ein flexibles Instrument, so dass je Intensität des Konfliktes weitere Maßnahmen verhängt oder einzelne erlassen werden können (beispielsweise Hufbauer/Schott/Elliott/Oegg 2009: 5). 

Allerdings sorgte die Anwendung von internationalen Sanktionen früh für Skepsis. Erst die umfassende empirische Studie von Hufbauer, Schott und Elliott (1990), die in statistischen Verfahren die Wirksamkeit von 119 Sanktionsfällen analysiert, veränderte die negative Wirkungseinschätzung internationaler Sanktionen. Die Autoreninnen und Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass internationale Sanktionen in mehr als einem Drittel der Fälle als erfolgreich bewertet werden können. Die Ergebnisse der Studie verfestigten in Wissenschaft und Politik die Ansicht, dass Sanktionen nicht generell als unwirksam abgelehnt werden können, sondern diese, zumindest unter bestimmten Bedingungen, ein entscheidendes Instrument internationaler Außenpolitik sind. Allerdings stehen Sanktionen nicht nur aufgrund einer teilweise negativ ausfallenden Wirkungseinschätzung in der Kritik, sondern auch wegen den nichtintendierten Folgen für die Zivilbevölkerung. Internationale Sanktionen sollen primär im Dienst der Weltgemeinschaft fungieren und Leid für die Menschen abwenden und Frieden sicherstellen. In der Praxis kann es jedoch zum Widerspruch zwischen Sicherheit und Frieden für die internationale Gemeinschaft und Schutz der Zivilbevölkerung kommen, zumindest dann, wenn Sanktionen umfassend eingesetzt werden und großer Schaden im Zielland sogar intendiert ist.

Wie Sanktionen Menschenrechte verletzen

So kamen die Autorinnen Mary Smith Fawzi und Sarah Zaidi in einer von der Food and Agriculture Organization (FOA) in Auftrag gegebenen Studie zu dem Ergebnis, dass die umfassenden UN-Sanktionen gegen den Irak von 1990 bis 2003 bereits 1995 zum Tod von 576.000 irakischen Kindern geführt hatten. Besonders Kleinkinder unter fünf Jahren litten unter den Folgen der schlechten humanitären Situation des sanktionierten Iraks (Zaidi/Smith Fawzi1995).Mit dem Oil-for-Food-Programm, das zunächst von der irakischen Regierung wegen der Verletzung der Souveränität abgelehnt worden war und erst 1996, nach einigen Modifizierungen, angenommen wurde, sollte den humanitären Auswirkungen begegnet werden und der Irak die Möglichkeit erhalten, auf dem Weltmarkt Öl gegen humanitäre Güter, dabei besonders Medikamente und Lebensmittel, einzutauschen. Trotz des Oil-for-Food-Programms wurden allerdings auch in den folgenden Jahren extreme humanitäre Auswirkungen der Sanktionen festgestellt. UNICEF (2002) kam in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass 1998 mehr als 26% der Säuglinge aufgrund der Unterernährung der Mutter ebenfalls an Untergewicht litten. 2001 waren 30% der Säuglinge chronisch unterernährt. Das umfassende Importverbot hatte zahlreiche unbeabsichtigte Folgen, so erkrankten bis Ende 2002 circa 3.000 Kinder an viszeraler Leishmaniose, einer durch Mücken übertragenen Infektionserkrankung, bei der die inneren Organe befallen werden. Vor den Sanktionen gegen den Irak galt diese Krankheit als ausgerottet, die sich durch das Importverbot von Insektiziden allerdings wieder ausbreiten konnte (Al Sammawi 2006: 135). Die Sanktionen gegen den Irak verletzten somit das Recht auf Leben, das Recht auf angemessene Ernährung sowie das Recht auf höchstmögliche körperliche und geistige Gesundheit. 

Besonders nach den Erfahrungen mit den negativen humanitären Auswirkungen der Sanktionsregime in den 1990er Jahren, wie im Irak, aber auch in Haiti, wo ebenfalls besonders die Gesundheit von Kindern unter den Sanktionen litt, wurde in Wissenschaft und Politik die Suche nach alternativ gestalteten Maßnahmen intensiviert. Diese fanden ihren Ausdruck in der Debatte um zielgerichtete oder intelligente Sanktionen (Smart Sanctions), mit denen einflussreichen Akteuren des Ziellandes der Zugang zu Ressourcen erschwert werden soll, ohne dadurch die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zu ziehen (beispielsweise Cortright/Lopez 2002; Werthes/ Bosold 2005). 

Neben der Verletzung grundlegender Menschenrechte wie Leben, Ernährung und Gesundheit wird an umfassenden Sanktionen kritisiert, dass diese innerhalb des Ziellandes eine Belagerungsstimmung schüren, die zur internen Geschlossenheit führt. Dieses Phänomen wird als Rally-Round-the-Flag-Effekt gekennzeichnet und verweist auf die Stärkung der Regierung des Ziellandes als Konsequenz der Sanktionen, da Regierung und Bevölkerung sich gemeinsam einer ihnen feindlich gesinnten Außenwelt gegenüber sehen und näher zusammenrücken. Zielgerichtete Sanktionen, so die Annahme, reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines Rally-Round-the-Flag-Effekts, da sich die negativen Folgen der Sanktionen auf die verantwortliche Elite konzentrieren. 

„Intelligente“ Sanktionen als Ausweg?

Um die Wirksamkeit von Sanktionen zu erhöhen und negative Folgen zu reduzieren, fanden ab Ende der 1990er die Expertentagungen des Interlaken-, Bonn-Berlin- und Stockholm-Prozesses statt. Dort wurde versucht, das Instrument der Sanktionen, besonders bei der UN, durch eine Maximierung des politischen Drucks auf die Herrschaftseliten wirksamer zu gestalten. Im Gegensatz zu umfassenden Sanktionen sollen durch „intelligente“ Sanktionen gezielte und selektive Maßnahmen eingesetzt werden, um die Regierungen oder andere Gruppen an den Verhandlungstisch zu bringen. Sanktionen können dabei zielgerichtet gegen Individuen, einzelne Wirtschaftsunternehmen, Güter wie Diamanten, Wirtschaftssektoren wie Waffen oder eine einzelne Region eines Landes eingesetzt werden. 

Dem sanktionierten Akteur kann etwa durch die Sperrung seiner Auslandskonten der Zugang zu seinem Vermögen verwehrt werden. Mit selektiven Handelssanktionen wird der Import von Luxusartikeln, die der Elite des Landes zugutekommen, oder der Export bestimmter Güter verhindert. Die USA verhinderten beispielsweise die Einfuhr von Jade aus Myanmar, um damit besonders die damalige Militärregierung und ihren Unterstützerkreis zu treffen. Als weitere „intelligente“ Sanktionen gelten Reiseverbote, die Angehörige der Regierung daran hindern, sich dem internationalen Druck durch Sanktionen zu entziehen und Kontakte mit Gruppen oder Einzelpersonen im Ausland zu intensivieren.

Auf umfassende Sanktionen zu verzichten, löst nicht das ambivalente Verhältnis zwischen Sanktionen und Menschenrechten, denn auch zielgerichtete Sanktionen können zu Menschenrechtsverletzungen führen. Mit der Verhängung von Sanktionen können direkt oder indirekt Menschenrechtsverletzungen einhergehen. Durch das Importverbot von Insektiziden gegen den Irak sollte die Herstellung von chemischen Waffen verhindert werden, als indirekte Folge kam es zum Wiederausbruch von viszeraler Leishmaniose. Im Zielland kann die Führungselite mit verstärkten Repressionen gegen die Zivilbevölkerung reagieren. Besonders gegen Autokratien müssen Sanktionen zum Ziel haben, die Fähigkeit des Regimes, Zwang gegenüber der Bevölkerung auszuüben, zu beschränken, sonst besteht die Gefahr, dass Repression und Menschenrechtsverletzungen zunehmen (Peksen 2009: 61). 

Wie auch zielgerichtete Sanktionen Menschenrechte verletzen

Sanktionen verletzen direkt Menschenrechte, wenn den Sanktionierten kein Rechtsschutz eingeräumt wird oder diese gezielt Unschuldige treffen. So können mit zielgerichteten Sanktionen, wie die UN Sanktionen gegen Al-Qaida, individuelle Menschenrechte verletzt werden, besonders weil keine Mechanismen bestehen, die überprüfen, ob die jeweiligen Personen rechtmäßig sanktioniert wurden. Nach Bombenattentaten auf US-Botschaften in Nairobi und Darressalam 1998 verhängte der UN-Sicherheitsrat zielgerichtete Sanktionen gegen (mutmaßliche) Unterstützer und Mitglieder von Al-Qaida, unter anderem Osama Bin Laden. Die Liste der sanktionierten Personen wurde besonders nach den Anschlägen des 11. September 2001 kontinuierlich erweitert. Die Informationen über Terrorverdächtige beruhen im Wesentlichen auf Geheimdienstinformationen der USA. Die zielgerichteten Sanktionen gegen Al-Qaida kommen damit einer strafrechtlichen Verfolgung gleich, ohne den Verurteilten die ihnen zustehenden Rechte zu gewährleisten (Biersteker 2010: 101-102). Im September 2008 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) der Klage des Terrorverdächtigen Yassin Abdullah Kadi und der in Schweden ansässigen Barakaat-Stiftung, die beide aufgrund der UN-Verordnung unter Sanktionen standen, statt. Der EuGH stellte fest, dass zwar das Verfahren der Umsetzung einer UN-Verordnung in EU-Recht rechtmäßig sei, jedoch das Verfahren der Verhängung individueller Sanktionen an den Rechtsgrundsätzen der EU zu messen sei; den Terrorverdächtigten somit rechtliches Gehör und Rechtsschutz zugestanden hätte (Deutsches Institut für Menschrechte 2010: 7).

Somit stehen zielgerichtete Sanktionen nicht immer im Einklang mit Menschenrechten. Die Verfahren zur Verhängung zielgerichteter Sanktionen wurden jedoch in den 2000er Jahren nachvollziehbarer gestaltet. So müssen seit 2006 Staaten, die Vorschläge zur Sanktionierung von Individuen einbringen, zumindest offenlegen, auf welcher Informationsgrundlage die Anschuldigungen gegen diese basieren (Heupel 2012: 12). 

Umfassender Einsatz zielgerichteter Sanktionen

Um die Wirkung zielgerichteter Sanktionen zu stärken, werden diese häufig auch gegen Angehörige der identifizierten Personen verhängt. Durch dieses Verfahren soll sichergestellt werden, dass sich die Politikverantwortlichen nicht über Kinder oder Ehepartner einen Zugang zu Finanzquellen im Ausland aufrechterhalten. Allerdings werden die Sanktionen in diesem Fall gezielt gegen Personen verhängt, die keine Verantwortung für den Verstoß gegen Frieden und Menschenrechte tragen. So galten die europäischen, zielgerichteten Finanz- und Reisesanktionen in Myanmar bis zu ihrer Aufhebung 2012 nicht nur für die Führungselite des Landes, sondern auch für deren Angehörige wie Ehepartner, Kinder und Enkel. Auch bei den Sanktionen gegen Syrien 2012 verhängte die EU die zielgerichteten Sanktionen nicht nur gegen hohe Führungspersonen, sondern auch gegen deren Familien. So werden neben Präsident Assad zwölf Angehörige seiner Familie wie seine Ehefrau, seine Schwester und seine Schwägerin an der Einreise in die EU gehindert. Die restriktiven Maßnahmen werden somit unabhängig von dem Handeln der Angehörigen verhängt und sollen lediglich die negativen Effekte für die Führungselite vergrößern. Die Sanktionierung von Angehörigen stellt also eine gewisse Willkür dar und kann als Verletzung von Menschenrechten betrachtet werden.

Fazit

Die Beziehung zwischen Sanktionen und Menschenrechten ist komplex und ambivalent. Denn zum einen werden Sanktionen eingesetzt, um Menschenrechte zu fördern, auf der anderen Seite haben die vorherigen Beispiele gezeigt, wie Sanktionen Menschenrechte verletzen können. Internationale Sanktionen als Maßnahmen, um Menschenrechtsverletzungen zu beenden, sind die Folge von Menschenrechtsverletzungen. Da mit der Implementierung von Sanktionen jedoch Menschenrechte verletzt werden können, sind Sanktionen auch eine mögliche Ursache von Menschenrechtsverletzungen. 

Bei dem Zusammenhang zwischen Menschenrechten und internationalen Sanktionen können direkte und indirekte Effekte unterschieden werden. So haben auch zielgerichtete Sanktionen direkt und indirekt Effekte auf die Menschenrechtssituation. Wie bereits dargestellt, können zielgerichtete Sanktionen die Rechte der Sanktionierten verletzen und haben damit einen direkten Effekt. Indirekt ist der Effekt, wenn beispielsweise die Regierung des sanktionierten Landes mit willkürlichen Inhaftierungen und Verschwindenlassen ihre Repressionen gegen die Bevölkerung verstärkt, um zu verhindern, dass Informationen über Menschenrechtsverletzungen öffentlich werden und so weiteren Druck von außen erzeugen könnten. Nicht immer sind die Folgen der Sanktionen daher vorhersehbar, auch deswegen muss die Entscheidung über Sanktionen generell und die Auswahl der Maßnahmen sorgfältig abgewogen werden. 

Autorin: Dr. Sina Schüssler, Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg, ist Sprecherin des Arbeitskreises Menschenrechte der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft.

Literatur:

Al Sammawi, Faris (2006): Die UN-Sanktionen gegen Irak und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung von 1990 bis 2003. Dissertation Universität Köln.

Biersteker, Thomas (2010): Targeted Sanctions and Individual Human Rights, in: International Journal, Winter 2009-10, Seite 99-117.

Cortright, David/Lopez, George (2002): Sanctions and the Search for Security. Challenge to UN Action. Boulder: Lynne Rienner.

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Elliott, Kimberly A. (2005): Trends in EconomicSanctionsPolicy. Challenges to Convential Wisdom, in: Peter Wallensteen/Carina Staibano (Hrsg.): International Sanctions between Words and War in the Global System, London: Frank Cass, Seite 3-14.

Heupel, Monika (2012): With Power Comes responsibility: Human Rights Protection in United Nations Sanctions Policy, in: European Journal of International Relations.

Hufbauer, Gary Clyde/Schott, Jeffrey/Elliott, Kimberly Ann (1990): Economic Sanctions Reconsidered. History and Current Policy, Washington: Institute for International Economics.

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Die Maastrichter Prinzipien zu den extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. FIAN: 2012.

Peksen, Dursun (2009): Better or Worse? The Effect of Economic Sanctions on Human Rights, in: Journal of Peace Research, Vol. 46, No. 1, S. 59-77.

UNICEF (2002): The Situation of Children in Iraq. An Assessment Based on the United Nation Convention on the Rights of the Child. New York: UNICEF.

Werthes, Sascha/Bosold, David (2005): Human Security und Smart Sanctions. Ausgangspunkte für eine innovative Krisenpräventions- und Deeskalationspolitik? In: Wissenschaft und Frieden, 2/2005: 23-27

Werthes, Sascha (2003): Probleme und Perspektiven von Sanktionen als politisches Instrument der Vereinten Nationen. Münster: LIT Verlag.

Zaidi,Sarah/Smith Fawzi,Mary C. (1995): Health of Baghdad's children. Lancet346: 1485

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