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Was macht ein Politikwissenschaftler bei der Polizei?

Artikel vom 25.03.2021

Foto: shutterstock

Zwischen Klischee und Demokratielehre. Ein Blogbeitrag von Georgios Terizakis.

Die Frage

Was macht ein Politikwissenschaftler bei der Polizei? Diese Frage wird mir seit ca. fünf Jahren gestellt, seitdem ich mich also entschieden habe, Polizeianwärter*innen auszubilden. Die Frage ist nicht richtig ausgedrückt, denn eigentlich müsste sie lauten: Was macht ein Politikwissenschaftler an einer Polizeihochschule? In dieser präziseren Formulierung kommt mir die Frage bekannt vor und zwar aus meiner Zeit als junger Student der Politikwissenschaft – freilich nicht an einer Polizeihochschule, aber an der Universität. Mit zwei gängigen Klischees wurden ich und auch meine Mitstudierenden konfrontiert. Klischee 1: „Du wirst doch mal später Politiker.“ Klischee 2: „Politikwissenschaft ist ein Laberfach.“

Klischees als Antwort

Klischee 1 bezieht sich auf eine missverständliche Vorstellung, was Politik ist oder sein kann. Politik wird hier mit Parteipolitik und im Grunde mit einem Parteiklüngel gleichgesetzt. Nun, neben dem üblichen Politiker*innenbashing versteckt sich hier eine verkürzte Politikvorstellung. Politik wird nicht begriffen als verbindliche Regelung und Entscheidung über die Dinge, die uns alle betreffen. Vielmehr wird sie als „schmutziges Geschäft“ imaginiert, welches nichts mit Bürger*innen zu tun hat. Aus meiner Sicht, die eines Demokratiewissenschaftlers, ist dies eine Sichtweise, die es aufzuklären gilt, was ich auch in Endlosschleifen seitdem tue – in der Regel mit großer Freude.

Klischee 2 bezieht sich auf die Vorstellung, dass Politikwissenschaftler*innen keine präzisen Wissenschaftler*innen sind. Unkommentiert lasse ich mal, dass interpretations- und verstehensorientierte Forschung per se keine präzise Wissenschaft darstellt. Jedoch hat die Politikwissenschaft im Sinne des Klischees sehr präzise Forschungszweige ausgebildet. Pars pro toto sei die Wahlforschung genannt, die beindruckend genau mit ihren rechnerischen Modellen Vorhersagen treffen kann. Auch das ist Politikwissenschaft.

Polizei und Politikwissenschaft

Und damit zurück zur Ausgangsfrage, in der präzisierten Variante: Was macht nun ein Politikwissenschaftler wie ich an einer Hochschule, die Polizeianwärter*innen ausbildet? Wenn die oben genannten Klischees beiseitegelassen und die organisationalen Bedingungen in den Blick genommen werden, ist eine mögliche Antwort relativ schnell deutlich. Polizist*innen werden an staatlichen Hochschulen über ein Bachelor- und Masterstudium ausgebildet. In diesen Studiengängen wäre es zunächst naheliegend, einen fachübergreifenden Blick über den Tellerrand zu organisieren. Diese Funktion kann den Sozialwissenschaften – darunter fällt die Politikwissenschaft – an diesen Einrichtungen zugeschrieben werden. Jedoch haben besagte Fächer auch eine eigene Existenz in diesen speziellen Hochschulen über die letzten Jahrzehnte entwickelt und bringen diese curricular ein.

Zur Demokratie erziehen

Nicht nur dass Politikwissenschaftler*innen kompetente Kenner*innen des politischen Systems der Bunderepublik Deutschlands sind, politische Ideen erläutern können oder das eindimensionale Modell von Links-Rechts reflektieren helfen; sie sind darüber hinaus und viel mehr Demokratielehrende, die diesen Begriff, jenseits seiner formalen Bedeutung, mit Leben füllen und den Polizeistudierenden nahebringen, erlebbar machen und vorleben sollen. Das ist eine Aufgabe, für die es sich lohnt, als Politikwissenschaftler*in unter die Polizist*innen zu gehen und sich der Herausforderung dieser Interdisziplinarität zu stellen; jenseits der Klischees des Politikers und Laberers.

 

von Prof. Dr. Georgios Terizakis, Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS)

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